Klassische Methoden zur Kitzrettung

Die Problematik der bei der Mahd getöteten oder - schlimmer - zunächst verstümmelten und dann erst qualvoll sterbenden Kitze ist Jägern und Landwirten schon lange bewusst und in vielen Revieren arbeiten sie Hand in Hand um dieses Tierleid zu vermeiden. Traditionell wird versucht die Wiesen am Abend bzw. der Nacht vor der Mahd zu beunruhigen, bspw. durch Ablaufen, Aufstellen von Blinklampen, Luftballons oder sonstiger Scheuchen. Oft veranlasst dies die Rehmütter ihre Kitze im Schutze der Dunkelheit aus der fraglichen Wiese zu führen, so dass diese bei der Mahd am nächsten Tag in Sicherheit sind. Allerdings gibt es auch nicht wenige nervenstarke Rehmütter, die sich durch solche Maßnahmen nur wenig beeindrucken lassen und ihre Kitze in der entsprechenden Wiese belassen. Hinzu kommt, dass die Wirkung solcher Vergrämungsmaßnahmen meist nur eine Nacht anhält. Danach haben sich die Rehe daran gewöhnt und legen ihre Kitze mitunter sogar in unmittelbarer Nähe der Scheuchen ab. Die Vergrämungsmethode ist dann für den Rest der Mahdsaison auf dieser Fläche kaum noch wirkungsvoll einsetzbar.

Auch das morgendliche Absuchen der Wiesen am Tag der Mahd, ggfs. auch mit entsprechend trainierten und gehorsamen Hunden, hat eine lange Tradition. Allerdings ist hier die jahrhundertelange Anpassung der Rehe Mensch und Hund weit überlegen und die Chance die abgelegten Kitze zu finden ist vergleichsweise klein. Wir haben es oft genug erlebt, dass selbst ein unmittelbar vor uns bewegungslos ausharrendes Kitz nicht zu erkennen war, selbst wenn uns die Wärmebildkamera eigentlich schon seine Anwesenheit angezeigt hatte. Erst beim zweiten oder dritten Nachsehen haben wir das Kitz dann gefunden, an dem wir sonst glatt vorbeigelaufen wären. Hinzu kommt, dass das Ablaufen der Wiesen - auch mit Hunden - sehr aufwendig ist. Die Wiese muss in engen Bahnen abgelaufen werden, um überhaupt eine gewisse Chance auf Erfolg zu haben. Um mit den heutigen Maschinenbreiten und -geschwindigkeiten mithalten zu können - 30 oder sogar 60 ha am Tag sind für die modernen Mähwerke kein Problem - würde es 50 Helfer oder mehr benötigen und zudem wäre die Wiese anschließend zu erheblichen Teilen niedergetreten.

Schließlich können die Landwirte auch bei der Mahd noch einiges für den Schutz verbliebener Rehkitze tun, nämlich größere Wiesen von Innen nach Außen mähen und am Wald oder ähnlichen Deckung bietenden Flächen angrenzende Wiesen parallel zur Deckung und zu dieser hin mähen. So können Kitze die schon etwas mobil sind aus der gefährdeten Wiese in die angrenzende Fläche/Deckung wechseln, ohne eine offene, bereits gemähte Fläche überqueren zu müssen. Solche offenen, deckungsfreien Flächen meiden viele Kitze und auch andere Tiere instinktiv und neigen dazu sich länger zu drücken. Oft ist es dann wenn sie sich doch zur Flucht entscheiden zu spät und sie werden verletzt oder getötet.
Eine weiterer wichtiger Faktor ist die Zeitspanne zwischen dem Absuchen der Fläche und der tatsächlichen Mahd. Idealerweise wird unmittelbar nach der Suche mit der Mahd begonnen, so dass keine zunächst vertriebenen Kitze nach dem Abzug des Suchteams zurück kommen und dann doch ausgemäht werden. Eine gute Koordination zwischen Suchenden und dem Landwirt macht sich hier sehr bezahlt!